Moderne pädagogische Ansätze bekräftigen die eigentlich bereits Mitte der siebziger Jahre erhobene Forderung, dass man im Unterricht möglichst Aufgabenstellungen mit Bezug zur Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler einsetzen sollte. Auch im Fach Informatik im Pflichtbereich halten wir es für besonders wichtig, solche Bezüge bereits bei der Problemstellung zu eröffnen, um von Anfang an die Motivation der Schüler und besonders der Schülerinnen aufzubauen. Leider resultiert daraus jedoch sehr schnell eine erhebliche Komplexität der zu entwickelnden Programme (als Lösung dieser Aufgaben). So zeigt die Lernzielanalyse eines kleinen objektorientierten Programms (Grafische Simulation einer Fußgängerampel), dass die Schülerinnen und Schüler zum Verständnis dieses Programms mehr als 40 Lernziele erreichen müssen. Eine solche Menge von Lernzielem kann man kaum in einem Schritt erreichen. In unserem Konzept für das neue Pflichtfach Informatik in Bayern versuchen wir daher, viele dieser Lernziele bereits lange vor der Entwicklung des ersten objektorientierten Programms zu erreichen. In der 6.Ja
hrgangsstufe lernen die Schülerinnen und Schüler die Grundbegriffe der objektorientierten Modellierung (Objekt, Klasse, Attribut, Methode, Aggregation, Referenzen) anhand von Standardsoftware (Grafik-, Text-, Hypertextsysteme und Dateiexplorer) kennen, in der 7. Jahrgangsstufe folgen die algorithmischen Strukturelemente am Beispiel von Robotern, in der 9. Jahrgangsstufe die Grundlagen funktionaler Programmierung in einer Tabellenkalkulation sowie die Beziehungen zwischen (statischen) Objekten, simuliert mit einem relationalen Datenbanksystem. Somit bleiben in der 10. Jahrgangsstufe beim Einstig in die objektorientierte Programmierung nur noch wenige Lernziele aus dieser ursprünglich sehr großen Menge übrig. Wie eine flächendeckende Umfrage unter den Informatiklehrerinnen und -lehrern im Herbst 2009 nach dem ersten Durchlauf der 10. Jahrgangsstufe zeigte, funktioniert dieses Konzept recht gut. Allerdings hat sich auch herausgestellt, dass die objektorientierte Programmierung dennoch eine enorme Herausforderung für die Schülerinnen und Schüler (und zum Teil auch für die Lehrkräfte) darstellt.